Aviatrix: KI automatisiert 80 % der Marketing-Arbeit
Scott Leatherman, Chief Marketing Officer bei Aviatrix, einem Unternehmen für Multi-Cloud-Netzwerke und -Sicherheit, das 2021 eine Bewertung von 2 Milliarden US-Dollar erreichte, berichtet von einer tiefgreifenden Digitalisierung und Automatisierung im Marketing. Seit dem Herbst des Vorjahres haben alle Mitglieder seines Teams vollständig auf große Sprachmodelle (LLMs) gesetzt – durchschnittlich vier bis fünf Modelle pro Mitarbeiter, jeweils spezialisiert auf unterschiedliche Aufgaben. Die Integration umfasst eine komplette AI-Infrastruktur für Videoerstellung, Analytik und Content-Generierung. Ergebnis: 80 Prozent der bisherigen Marketingarbeit sind automatisiert. Die verbleibenden 20 Prozent – kreative, strategische und empathische Aufgaben – werden nun mit größerer Leidenschaft und Tiefe angegangen. Die Geschwindigkeit der Umstellung war enorm. Blog-Produktion stieg von einem pro Woche auf sechs, Social-Media-Posts von drei auf über zwölf. Ein technischer Artikel, der früher acht Stunden dauerte, benötigt heute nur noch zwei Stunden – allerdings müssen acht statt eines erstellt werden. Die Effizienz steigt, aber die Herausforderung liegt in der Qualitätssicherung. Leatherman warnt vor der Gefahr, dass KI-Inhalte zu sehr dem eigenen Ego oder der Unternehmenskultur entsprechen, statt kritisch zu hinterfragen. Um dies zu korrigieren, hat das Team eigene, rigorose Prompts entwickelt, die Faktenkorrektheit und objektive Distanz sicherstellen. Er selbst nutzt verschiedene KI-Tools bewusst – ChatGPT für tägliche Reflexionen, aber auch Claude, das „schroffer“ und weniger egozentrisch agiert, um Balance zu schaffen. Ein zentrales Limit der KI bleibt die fehlende Empathie. Besonders im Bereich Cybersecurity, wo Kunden unter hohem Druck stehen – mit Millioneninvestitionen, ständigen Bedrohungen und menschlichen Fehlern wie Phishing-E-Mails – ist eine sensible, verständnisvolle Kommunikation entscheidend. KI neigt dazu, Angst zu schüren ("Wenn Sie das nicht tun, versagen Sie"), was gegen den ethischen Ansatz von Aviatrix verstößt. Deshalb wird der menschliche Input stärker denn je benötigt, um authentische, unterstützende Botschaften zu formulieren. Die Video-Produktion hat sich revolutioniert: Ein zweiminütiges Video, das früher 50.000 Dollar und sechs Monate kostete, entsteht heute für 5.000 bis 10.000 Dollar in nur einem bis eineinhalb Monaten. Mit Tools wie Midjourney und Higgsfield sind komplett künstlich generierte, animierte Inhalte möglich. Aviatrix bleibt jedoch aktiv am Steuer – die KI ist ein Werkzeug, kein Ersatz für strategische Führung. Industrieexperten sehen in dieser Entwicklung einen Paradigmenwechsel im B2B-Marketing: Die Zukunft liegt in kurzen, ansprechenden, visuellen Inhalten wie animierten Videos und interaktiven Consumables. Die Herausforderung wird nicht mehr die Produktion, sondern die Differenzierung in einer überfluteten Informationslandschaft. Aviatrix zeigt, dass KI nicht nur Effizienz steigert, sondern auch Raum für menschliche Kreativität und Empathie schafft – vorausgesetzt, sie wird bewusst und ethisch eingesetzt.