KI-Schachbot Allie lernt menschliches Spiel aus 91 Millionen Partien
Yiming Zhang, ein Doktorand am Language Technologies Institute (LTI) der Carnegie Mellon University, hat Allie entwickelt – einen künstlichen Intelligenz-Chess-Bot, der menschenähnlich spielt, indem er aus 91 Millionen von Menschen gespielten Partien auf der Plattform Lichess gelernt hat. Zwar hatte Zhang selbst vor der Pandemie kaum Schach gespielt, doch durch die Netflix-Serie „The Queen’s Gambit“ entdeckte er das Spiel und stieß schnell auf ein Problem: traditionelle Schach-Engines wie Stockfish oder AlphaZero waren für Anfänger uninteressant und frustrierend, weil ihre Züge oft unerwartet, unnatürlich und für Menschen schwer nachvollziehbar waren. Diese Erfahrung motivierte ihn, einen Bot zu schaffen, der nicht nur gewinnt, sondern wie ein Mensch denkt – mit Überlegung, Fehlern, Resignation bei aussichtslosen Positionen und einer Anpassungsfähigkeit an verschiedene Spielstärken. Allie wurde nicht wie klassische Schach-Engines durch rein algorithmisches Suchen und Selbstverbesserung trainiert, sondern mit Methoden, die an moderne Sprachmodelle wie ChatGPT erinnern. Statt Textdaten nutzte das Team Transkripte von echten Schachpartien, die menschliche Entscheidungsprozesse, Zögern und strategische Überlegungen abbilden. Dadurch lernte Allie, in komplexen Situationen zu zögern, wie ein Mensch, und sich an die Spielstärke seines Gegners anzupassen – von Anfänger bis Experte. Dieser Ansatz verbindet klassische Suchalgorithmen mit der Modellierung menschlichen Verhaltens, was nach Ansicht von Daniel Fried, Mitentwickler und Assistant Professor am LTI, zu besseren Ergebnissen führt als beide Methoden einzeln. Im Gegensatz zu herkömmlichen Engines, die ausschließlich auf Gewinn ausgerichtet sind, vermeidet Allie unnatürliche Züge und gibt bei aussichtslosen Stellungen auf – ein Verhalten, das menschliche Spieler typischerweise zeigen. Dies macht ihn zu einem viel ansprechenderen und lehrreichen Gegner, besonders für Lernende. Die Forscher betonen, dass Allie völlig Open Source ist und bereits über 10.000 Partien auf Lichess gespielt hat. Die Arbeit wurde auf der ICML 2025 in Singapur präsentiert und wird als wegweisend für die Entwicklung von KI betrachtet, die nicht nur leistungsfähig, sondern auch menschenkompatibel ist. Experten wie Daphne Ippolito, Zhangs Betreuerin, sehen in Allie ein Modell für zukünftige Anwendungen außerhalb des Schachs: in der Therapie, Bildung und Medizin, wo KI-Systeme nicht nur rational, sondern auch empathisch und verständlich agieren müssen. Die Zusammenarbeit mit Forschern von MIT und Visa unterstreicht die interdisziplinäre Relevanz. Allie zeigt, dass KI, die menschliche Denkprozesse nachahmt, nicht weniger stark, sondern vielmehr menschlicher und nützlicher sein kann – ein Paradigmenwechsel in der KI-Forschung.