Nvidia nutzt Eigeninteresse, um die Tech-Welt zu formen
Seit zwei Jahrzehnten hat sich Nvidia von einem Hersteller von Grafikprozessoren für Gaming und Visualisierung zu einem globalen Titan im Bereich der Künstlichen Intelligenz und Rechenzentren entwickelt. Die Entwicklung ist beispiellos und übertrifft mittlerweile die einstige Dominanz von IBM in den 1960er und 1970er Jahren. Nvidia hat mehrfach die technologischen Wellen mitgeprägt – von Hochleistungsrechnen (HPC) über Datenbanken und Datenanalytik bis hin zur maschinellen Lern- und KI-Revolution. Auch wenn Google mit seinen TPUs frühzeitig in die Transformer-Architektur eingestiegen ist, ist Nvidia heute der zentrale Treiber für die Entwicklung und den Betrieb von Generative AI-Modellen. Im September 2025 kündigte Nvidia gemeinsam mit OpenAI eine strategische Partnerschaft an, bei der das Unternehmen bis zu 100 Milliarden US-Dollar in OpenAI investieren wird, um eine Infrastruktur mit mindestens 10 Gigawatt Rechenleistung aufzubauen. Die Investition erfolgt nicht als Kredit, sondern als Beteiligung an OpenAI, die nach Schätzungen etwa 2 Prozent des Unternehmens wertet, basierend auf einer Bewertung von 500 Milliarden Dollar. Die Mittel werden schrittweise ausgezahlt, je nach Fortschritt bei der Errichtung der Rechenzentren. Die ersten 1 Gigawatt sollen 2026 im zweiten Halbjahr live gehen, basierend auf der neuen Vera-Rubin-Plattform mit 88-Kern-Arm-CPU und hochleistungsfähigen GPU-Chiplets. Für 10 Gigawatt werden voraussichtlich rund 5 Millionen GPUs benötigt – mehr als die gesamte jährliche Produktion von Nvidia. Die Rechenzentren sollen aufgrund der hohen Leistungsaufnahme vergleichbar mit dem Spitzenverbrauch von New York City sein. Parallel dazu investierte Nvidia 5 Milliarden Dollar in Intel, um gemeinsam mit dem Chip-Hersteller Xeon-CPU mit NVLink-Ports zu entwickeln. Diese Fusion ermöglicht künftig eine nahtlose Verbindung von Intel-CPU und Nvidia-GPU in Servern, was bisher nur mit Nvidia’s eigenen Grace-CPU oder alten IBM-Power9-Chips möglich war. Intel bestätigte, dass es weiterhin an integrierten und dedizierten GPUs sowie dem geplanten „Jaguar Shores“-AI-Chip arbeitet, obwohl die Partnerschaft die strategische Ausrichtung beeinflusst. Die Zusammenarbeit könnte auch Intel helfen, seine Fertigungsprozesse (18A, 14A) zu stärken, insbesondere mit Unterstützung durch die US-Regierung. Die Investitionen in OpenAI und Intel sind Teil einer breiteren Strategie: Nvidia bindet entscheidende Akteure der KI-Ökonomie durch langfristige Partnerschaften und finanzielle Beteiligungen. Analysten sehen darin eine „Rücklauf-Strategie“, bei der OpenAI die Gelder wieder für Nvidia-Produkte ausgibt – ein Kreislauf, der das Unternehmen selbst stabilisiert und wächst. Im Gegensatz zu den Fehlschlägen der Telekommunikationsblase der 2000er Jahre ist die Finanzlage von Nvidia extrem robust: Mit über 570 Milliarden Dollar Cash und einer erwarteten freien Cashflow-Steigerung um 60 Prozent im kommenden Jahr ist die Risikobereitschaft hoch. Die Partnerschaft wird auch als Reaktion auf wachsende Konkurrenz gesehen – von Groq bis zu Google und selbst OpenAI, das mit Broadcom an eigenen Chips arbeitet. Durch diese strategischen Investitionen sichert sich Nvidia nicht nur langfristige Kundenbindung, sondern verstärkt auch seinen Einfluss in der globalen KI-Infrastruktur. Die Reaktion auf die Ankündigung war positiv: Der Aktienkurs von Nvidia stieg um fast 4 Prozent, was rund 1.700 Milliarden Dollar an Marktwert bedeutet. Zusammenfassend zeigt die Kooperation mit OpenAI und Intel, dass Nvidia nicht nur ein Hardware-Lieferant ist, sondern eine zentrale Akteurin im globalen KI-Ökosystem – mit einer Strategie, die sich aus Finanzkraft, technologischer Führung und strategischer Vernetzung zusammensetzt.