Roboter kartiert chemische Reaktionen im Hyperraum
Ein robotergestütztes System hat einen entscheidenden Fortschritt in der chemischen Forschung ermöglicht, indem es die Komplexität chemischer Reaktionen in einem bisher unerreichbaren Maße erfasst und kartiert. Traditionell werden chemische Reaktionen als einfache Gleichungen dargestellt, die nur wenige Parameter wie Temperatur, Katalysatorkonzentration oder Reaktionszeit berücksichtigen. Doch in Wirklichkeit hängt die Ausbeute und Selektivität einer Reaktion von einer Vielzahl gleichzeitiger Variablen ab – einem sogenannten „Reaktionshyperraum“. Ein internationales Forscherteam unter Leitung von Jia, Dai und Kollegen hat nun ein autonomes Roboter-System entwickelt, das diese multidimensionalen Reaktionsräume systematisch kartiert und Netzwerke von chemischen Reaktionen identifiziert. Das System kombiniert hochpräzise Laborrobotik mit künstlicher Intelligenz und automatisierten Analyseverfahren. Es kann Tausende von Reaktionen in paralleler oder sequenzieller Form durchführen, wobei es gleichzeitig eine Vielzahl von Parametern – wie Temperatur, Lösungsmittel, Katalysatoren, Reaktionszeiten und Konzentrationen – variiert. Mithilfe von hochsensitiven Detektionsmethoden wie Massenspektrometrie und NMR wird jedes Reaktionsprodukt sofort analysiert. Die gesammelten Daten werden in Echtzeit von einem maschinellen Lernmodell verarbeitet, das Muster erkennt, unerwartete Reaktionspfade aufdeckt und optimale Bedingungen für die gewünschte Synthese vorschlägt. Ein besonderer Erfolg war die Entdeckung bisher unbekannter Reaktionswege, die zu hochkomplexen Molekülen führen, die mit herkömmlichen Methoden nicht erreichbar waren. So gelang es, neue Verbindungen mit potenziell pharmazeutischer Relevanz effizienter und schneller zu synthetisieren, wobei die Ausbeuten signifikant gesteigert wurden. Das System kann nicht nur die besten Bedingungen finden, sondern auch die zugrundeliegenden Mechanismen der Reaktionen aufklären – ein entscheidender Schritt hin zu einem tieferen Verständnis der Chemie. Die Arbeit, veröffentlicht in Nature, markiert einen Paradigmenwechsel in der organischen Synthese. Statt auf das „Versuch-und-Irrtum“-Prinzip zu setzen, wird die Forschung nun durch Datengetriebenheit und Automatisierung revolutioniert. Dies beschleunigt die Entdeckung neuer Materialien, Arzneimittel und Katalysatoren erheblich. Industrielle Chemiker und Akademiker begrüßen die Entwicklung als Meilenstein. „Wir sind nicht mehr auf Intuition angewiesen, sondern können die chemische Welt systematisch erkunden“, sagt ein Experte aus der Pharmaindustrie. Die Technologie könnte besonders in der Arzneimittelentwicklung, der Materialforschung und der nachhaltigen Chemie von großer Bedeutung sein. Unternehmen wie Merck und BASF forschen bereits an der Integration solcher Systeme in ihre Produktionsabläufe. Die Zukunft der Chemie liegt nicht mehr nur in der Erfindung neuer Reaktionen, sondern in der systematischen Erforschung des gesamten Reaktionsraums – in der „Hyperspace-Chemie“.