Google-Verbot: Publisher zwischen Existenzkrise und Abhängigkeit
Google steht im Zentrum einer tiefgreifenden Transformation der digitalen Medienlandschaft, die unabhängige Websites wie WikiHow vor existenzielle Herausforderungen stellt. Während die Suchmaschine durch ihre KI-Übersichten und Chatbots die Nutzerbindung innerhalb ihrer eigenen Plattform stärkt – was zu einem Rückgang der Klicks auf externe Seiten führt – bleibt Google für viele Publisher gleichzeitig der letzte verlässliche Partner im Ad-Technologie-Ökosystem. Elizabeth Douglas, CEO von WikiHow, bezeugte vor Gericht, dass ihre Plattform inmitten einer „KI-Apokalypse“ steht: Nutzer finden zunehmend ihre Antworten direkt in Google-Suchergebnissen, ohne die ursprünglichen Websites aufzurufen. Dadurch sinkt nicht nur der Traffic, sondern auch die Werbeeinnahmen, die für das Überleben kleinerer Inhaltsanbieter entscheidend sind. Dennoch stellte Douglas klar, dass die Google-Ad-Tools, insbesondere AdX und DFP, der „stabile Teil“ ihres Geschäfts bleiben – auch wenn die Einnahmen sinken. Hinzu kommt ein Content-Lizenzvertrag mit Google, der 10 bis 15 Prozent ihres Umsatzes ausmacht, ohne dass Google verpflichtet wäre, die Inhalte nicht für das Training seiner KI zu nutzen. Die US-Justizbehörde fordert eine Zwangsveräußerung von AdX und möglicherweise DFP, um den monopolartigen Einfluss von Google im Publisher-Ad-Technologie-Markt zu beenden. Google argumentiert dagegen, dass ein solcher Schritt kleine Publisher zusätzlich belasten könnte – eine Sorge, die Douglas teilt. Sie warnte, dass ein neuer Käufer möglicherweise weniger technische Unterstützung bietet, geringere Einnahmen erzielt und weniger zuverlässige Systeme bereitstellt. Ein Konkurrenz-Anbieter habe bereits pleitegemacht, ohne die eingespielten Werbeeinnahmen auszuzahlen. Gleichzeitig offenbarte sich im Kreuzverhör, dass Douglas über die tiefgreifenden, von Gericht festgestellten antikompetitiven Praktiken von Google wenig wusste. So war ihr nicht bewusst, dass Google über AdX einen überdurchschnittlichen Provisionssatz (Take Rate) verlangt, der im Wettbewerb nicht existieren würde, da sie nur den Endpreis sieht. Zudem erkannte sie nicht, dass die sogenannte „einzigartige Nachfrage“ aus dem eigenen Google-Werbenetzwerk durch eine illegale Verknüpfung zwischen Ad-Tools entstand – eine Strategie, die den Wettbewerb untergrub. Für WikiHow ist Google damit ein Widerspruch: der treibende Faktor hinter der Krise, aber auch der einzige verlässliche Partner im Kampf um Überleben. Die Gerichtsverhandlung offenbart die Paradoxie, in der viele kleine Websites heute stecken: Sie sind von Google abhängig, um zu überleben, obwohl Google selbst die Bedrohung darstellt. Die Entscheidung von Richterin Leonie Brinkema könnte nicht nur die Zukunft der digitalen Werbeinfrastruktur, sondern auch die Existenz vieler kleiner Inhaltsanbieter entscheiden. Industrieanalysten sehen in der Situation ein Symptom des größeren Problems: die Zentralisierung von Daten, Infrastruktur und Werbeleistung in den Händen eines einzigen Unternehmens. Experten betonen, dass eine Lösung nicht nur technische, sondern auch ökonomische und rechtliche Balance erfordert – und dass die Abhängigkeit von Google bei vielen Publishern eine strukturelle Schwäche ist, die nur durch echte Alternativen überwunden werden kann.