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Wissenschaftler entwickeln virtuellen Zelllabor-Testplatz.

vor 8 Tagen

Wissenschaftler haben ein Computerprogramm entwickelt, das das Verhalten von menschlichen und tierischen Zellen in verschiedenen Körperteilen nachahmt. Das Projekt, an dem Forscher der Indiana University, Johns Hopkins Medicine, der University of Maryland School of Medicine und Oregon Health & Science University beteiligt sind, zielt darauf ab, biologische Prozesse, Arzneimittelwirkungen und andere Zellaktivitäten vor experimentellen Versuchen mit lebenden Zellen zu testen und vorherzusagen. Das Programm könnte in Zukunft als „digitales Zwilling“ dienen, um beispielsweise die Wirkung von Medikamenten auf Krebs oder andere Erkrankungen zu simulieren, oder um die Wechselwirkungen zwischen Genen und Umweltfaktoren während der Gehirnentwicklung zu untersuchen. Die Forschung wurde am 25. Juli im Fachjournal Cell veröffentlicht. Die Arbeit basiert auf einem früheren Softwareprojekt namens PhysiCell, das von Paul Macklin, Professor für Ingenieurwissenschaften an der Indiana University, entwickelt wurde. PhysiCell verwendet sogenannte „Agenten“, also mathematische Modelle, die auf den Regeln des DNA- und RNA-Code basieren. Jede Zellart wird einem Agenten zugeordnet und kann dann in der Simulation mit anderen Zellen und Umweltfaktoren wie Medikamenten, Sauerstoff oder Molekülen interagieren. Durch die Beobachtung dieser Agenten können Wissenschaftler beispielsweise verfolgen, wie Tumoren entstehen und mit dem Immunsystem oder Therapien interagieren. Auch das Wachstum von Gehirnzellen und ihre Organisation zu Nervenbahnen lässt sich so untersuchen. Stein-O'Brien und ihr Team arbeiten an der Weiterentwicklung der Software, um sie von der Zelle bis hin zu Gehirnkreisen zu nutzen. Macklin betont, dass herkömmliche Modellierungsprogramme oft komplex sind und umfangreiche Kenntnisse in Mathematik und Programmierung erfordern. Das neue PhysiCell-System bietet eine „Grammatik“, die biologisch orientierte Forscher einfacher nutzen können. „Es war früher schwer, solche Modelle zu programmieren, aber jetzt können andere Wissenschaftler in ein oder zwei Stunden ein grundlegendes Immunmodell erstellen“, sagt er. Das Programm kann auch räumliche Transkriptom-Daten verarbeiten, um die räumliche Verteilung und Funktion von Zelltypen in 3D-Modellen von Geweben und Tumoren zu visualisieren. Stein-O'Brien beschreibt die neue Codierung als „Excel-Tabelle“, in der jede Zellart mit biologischen Regeln verknüpft wird. Das Programm übersetzt diese Regeln automatisch in mathematische Gleichungen, die das Zellverhalten vorhersagen. David Zhou, ein Student der Neurowissenschaften an der Johns Hopkins University, und Zachary Nicholas, Doktorand in Human-Genetik, haben bei der Entwicklung des Gehirnentwicklungsmodells mitgearbeitet, das auf Daten des Allen Brain Atlas basiert. In einem Validierungsexperiment untersuchte Jeanette Johnson, Postdoktorandin an der University of Maryland School of Medicine, wie Makrophagen, eine Art Immunzelle, Brustkrebszellen infiltrierte. Das Modell zeigte, dass die Aktivierung eines Genwegen (EGFR) die Beweglichkeit der Krebszellen erhöhte und somit zu einem schnelleren Tumorbefall führte. In Laborexperimenten mit lebenden Brustkrebszellen bestätigte sich dieser Effekt. Johnson betont, dass noch viele Zellverhaltensdaten hinzugefügt werden müssen, um das Modell weiter zu verfeinern. Stein-O'Brien nennt das Projekt ein „virtuelles Zelllabor“, das es ermöglichen soll, Hypothesen und Therapieziele vorab zu testen, bevor sie in der Laborsituation verifiziert werden. In zukünftigen Arbeiten nutzen die Forscher künstliche Intelligenz, um Simulationen automatisch zu erstellen, was neue Möglichkeiten für die Verknüpfung von Modellen mit Daten eröffnet. Einschätzung und Hintergrund: Die Entwicklung des virtuellen Zelllabors markiert einen wichtigen Schritt in der Biomedizin, da es die Forschung effizienter und kostengünstiger gestalten könnte. Experten erwarten, dass solche Modelle künftig in der personalisierten Medizin und der Arzneimittelforschung breit eingesetzt werden könnten. Das Projekt wird von führenden Institutionen unterstützt und kombiniert Expertise aus verschiedenen Disziplinen, darunter Genomik, Neurowissenschaften und Biotechnologie.

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