AI droht Internet-Ökosystem zu gefährden – Cloudflare-Chef warnt vor zensierten Informationen
Cloudflare-Chef Matthew Prince warnt vor einer düsteren Zukunft des Internets, in der künstliche Intelligenz die Informationslandschaft grundlegend verändert – und dabei die Basis für journalistische und wissenschaftliche Arbeit gefährdet. In einem Gespräch mit der WIRED Big Interview Podcast beschreibt Prince, dass Suchmaschinen wie Google mittlerweile nicht mehr als „Schatzsuchkarten“ dienen, sondern direkt Antworten liefern: die sogenannten AI Overviews, die Inhalte aus mehreren Quellen zusammenfassen und synthetisieren. Für Prince ist dies der Beginn eines fundamentalen Wandels: Der Übergang von Suchmaschinen zu Antwortmaschinen, die zwar nutzerfreundlicher wirken, aber die Verbreitung von Inhalten und damit die Einnahmen für Content-Ersteller untergraben. Während der erste mögliche Ausgang – die totale Eliminierung menschlicher Inhalte durch AI – nach seiner Einschätzung unwahrscheinlich ist, da KI auf menschlichem Inhalt basiert, sieht er den zweiten Szenario als „furchtbar wahrscheinlich“ an: die „Black-Mirror-Möglichkeit“. In diesem Szenario würden wenige große AI-Unternehmen wie OpenAI, Anthropic oder Perplexity die verbliebenen Journalisten, Forscher und Autoren als angestellte Inhaltsproduzenten einstellen – ähnlich wie die Medici-Familie im Mittelalter Künstler und Denker förderte, um ihre eigene Macht und Ideologie zu stärken. Diese zentralisierte Kontrolle über Wissen könnte zu einer ideologischen Fragmentierung führen: eine konservative, eine liberale, eine chinesische und eine indische AI-„Wahrheit“. So könnte die Internet-Ära der freien Informationsfreiheit enden, die durch Subskriptionen bei wenigen Plattformen ersetzt wird, wodurch Wissen in ideologische Sphären abgeschottet wird. Doch Prince sieht auch einen dritten, hoffnungsvolleren Ausweg: eine Welt, in der Content-Generatoren für KI nicht mehr kostenlos zur Verfügung stehen, sondern lizenziert werden müssen – wie bei Netflix. Cloudflare setzt hier aktiv auf Schaffung von Knappheit: Seit Sommer ermöglicht das Unternehmen Kunden, AI-Crawler zu blockieren, es sei denn, die Betreiber zahlen Entgelte an die Urheber. Unternehmen wie Associated Press und Condé Nast nutzen diese Funktion bereits. Auch der jüngste Rechtsstreit von Penske Media gegen Google wegen des AI Overview-Features zeigt, dass Medienunternehmen sich gegen die unentgeltliche Nutzung ihrer Inhalte wehren. Prince betont: „Das ist eine existenzielle Bedrohung für uns. Wenn das Internet verschwindet, bleibt für Cloudflare nichts übrig.“ Industriebeobachter sehen in dieser Entwicklung eine notwendige Korrektur des bisherigen Geschäftsmodells, das auf Engagement und Datenraub basierte. Doch bleiben Fragen offen: Wer bestimmt, was lizenziert wird? Wie wird Qualität und Vielfalt gewährleistet? Und wer kontrolliert die Daten, die KI nutzen? Wenn News-Organisationen künftig als „Datenlieferanten“ für Chatbots agieren, könnte der journalistische Beruf zwar überleben – aber in einer Rolle, die weniger kritisch als eher produktionsorientiert ist. Die Herausforderung liegt nun darin, ein Gleichgewicht zwischen Innovation und Integrität zu finden – und ob die Welt bereit ist, für Wissen zu zahlen, anstatt es kostenlos zu konsumieren.