Qualcomm gewinnt Rechtsstreit gegen Arm – Präzedenz für eigene CPU-Entwicklung
Qualcomm hat in einem hochkarätigen Rechtsstreit gegen Arm einen endgültigen Sieg errungen, der weitreichende Konsequenzen für die Halbleiterindustrie haben könnte. Ein US-amerikanisches Bezirksgericht in Delaware bestätigte am 30. September 2025 die Entscheidung eines Jury-Gerichts aus Dezember 2024 und wies alle verbleibenden Ansprüche von Arm ab. Zuvor hatte Arm Qualcomm im Oktober 2024 die Architekturlizenz (ALA) entzogen, weil das Unternehmen nach der Übernahme des Chip-Startups Nuvia 2021 die von Nuvia entwickelten, auf der Arm-v8-Architektur basierenden CPU-Kerne ohne Neukonfiguration des Lizenzvertrags in breiteren Märkten – von Smartphones über PCs bis hin zu Hochleistungs-Servern – einsetzen wollte. Arm argumentierte, dies verletze die ursprünglichen Lizenzbedingungen, die auf den Datencenter-Bereich beschränkt waren. Qualcomm hingegen betonte, dass seine bestehende ALA bereits umfassende Rechte zum Entwickeln und Einsatz von benutzerdefinierten Kernen umfasse, insbesondere wenn diese auf der Arm-ISA basieren. Der Sieg ist für Qualcomm von strategischer Bedeutung: Er ermöglicht die nahtlose Integration der Nuvia-Oryon-Kerne in die eigene Produktlinie, insbesondere in den Snapdragon X2 Elite-Chips, die nun in einer breiteren Palette von Geräten – von Mobiltelefonen über PCs bis hin zu KI-Servern und humanoiden Robotern – eingesetzt werden können. Analysten wie Neil Shah von Counterpoint Research sehen darin einen entscheidenden Schub für Qualcomm, der nun seine Position im Wettbewerb gegen x86-Player wie Intel und AMD stärken kann. Besonders wichtig ist die Kombination aus hochleistungsfähigen Oryon-Kernen und leistungsstarken NPUs für KI-Anwendungen, was neue Produktkategorien ermöglicht. Der Rechtsentscheid hat weitreichende Implikationen für andere Arm-Lizenznehmer wie Amazon, Google, Broadcom, MediaTek und Nvidia. Er bestätigt, dass eine ALA nicht nur die Entwicklung eigener Mikroarchitekturen erlaubt, sondern auch die Integration von übernommenen IP-Assets – etwa aus Startups – ohne Neulizenzierung. Dies stärkt die Innovationsfreiheit innerhalb des Arm-Ökosystems und könnte den Trend zu maßgeschneiderten Chips weiter beschleunigen. Gleichzeitig untergräbt der Sieg jedoch Arm’s zweistufiges Lizenzmodell, bei dem Technologie-Lizenzen (TLA) mit pro-Core-Gebühren deutlich höhere Einnahmen generieren als die ALA. Durch die Nutzung von ALA für breitere Anwendungen riskiert Arm erhebliche Einnahmeverluste. Obwohl Arm weiterhin die führende Low-Power-Architektur besitzt und ein starkes Software- und Tools-Ökosystem aufbauen konnte, hat der Konflikt das Vertrauen eines Schlüsselpartners erschüttert. Die Beziehung zwischen Arm und Qualcomm ist nun angespannt, besonders da Arm selbst an eigenen CPUs wie dem Neoverse CSS arbeitet – was die Wettbewerbslage für Kunden noch komplexer macht. Ein drohender Gegenprozess von Qualcomm, der im März 2026 vor Gericht gehen soll, könnte die Spannungen weiter verschärfen. Dennoch könnte die Entscheidung auch eine Chance sein: Sie legt klare rechtliche Grenzen für die Nutzung von Arm-ISA fest und könnte dazu beitragen, dass Unternehmen bleiben, statt zu RISC-V zu wechseln. Insgesamt markiert der Fall einen Wendepunkt: Er unterstreicht, dass Lizenznehmer mehr Kontrolle über ihre IP-Strategie haben, solange sie die ISA einhalten. Gleichzeitig zwingt Arm, seine Geschäftsmodelle und Partnerschaftsstrategien neu zu überdenken – vor allem in einer Zeit, in der selbst der IP-Lizenzgeber zunehmend selbst als Chip-Entwickler agiert.