KI-Tool präzisiert Enzym-Substrat-Kombinationen mit hoher Genauigkeit
Ein neu entwickeltes künstliches Intelligenz-Tool namens EZSpecificity hilft Forschern, die Passgenauigkeit zwischen Enzymen und Substraten vorherzusagen, was entscheidend für Anwendungen in der Katalyse, Medizin und industriellen Produktion ist. Leitend bei der Entwicklung war Huimin Zhao, Professor für chemische und biomolekulare Ingenieurwissenschaften an der Universität Illinois Urbana-Champaign. Das Tool basiert auf einem erweiterten Datensatz aus experimentellen und simulationsbasierten Daten sowie einem neuartigen maschinellen Lernalgorithmus. Es wurde in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht und ist kostenlos online zugänglich. Enzyme sind Proteine, die chemische Reaktionen beschleunigen, indem sie Substrate in spezifischen aktiven Zentren binden – ein Prozess, der oft als „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ beschrieben wird. Doch wie Zhao betont, ist die Realität komplexer: Enzyme verändern ihre Struktur, sobald sie mit einem Substrat interagieren („induzierter Passform“), und einige Enzyme sind promiskuitiv, also in der Lage, mehrere Reaktionen zu katalysieren. Diese Variabilität macht die Vorhersage der Spezifität schwierig – genau dort setzt EZSpecificity an. Um die Genauigkeit des Modells zu steigern, arbeitete Zhao mit Diwakar Shukla, ebenfalls Professor an der Universität Illinois, zusammen. Shuklas Team führte umfangreiche Moleküldocking-Simulationen durch, um atomare Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Enzymklassen und Substraten zu analysieren. Millionen solcher Simulationen lieferten einen detaillierten Datensatz über Enzym-Struktur, Sequenz und dynamische Anpassung an Substrate – ein entscheidender Vorteil gegenüber bisherigen Modellen, die auf begrenzten experimentellen Daten basierten. In vier realitätsnahen Test-Szenarien übertraf EZSpecificity das derzeit führende Modell ESP deutlich. Besonders eindrucksvoll war die experimentelle Validierung an acht Halogenasen – Enzymen, die in der Synthese bioaktiver Moleküle zunehmend wichtig werden, aber bisher wenig charakterisiert waren. Bei 78 Substraten erreichte EZSpecificity eine Trefferquote von 91,7 % für die besten Paarungen, während ESP nur 58,3 % erreichte. Zhao betont, dass das Tool nicht für alle Enzyme universell geeignet sei, aber für bestimmte Klassen äußerst zuverlässig. Ein benutzerfreundliches Webinterface ermöglicht es Forschern, eine Enzymsequenz und ein Substrat einzugeben, um die Passgenauigkeit vorherzusagen. Zukünftig soll EZSpecificity erweitert werden, um auch die Selektivität von Enzymen – also deren Präferenz für bestimmte Reaktionsstellen auf einem Substrat – vorherzusagen, um unerwünschte Nebenreaktionen zu vermeiden. Außerdem sollen weitere experimentelle Daten in das Modell integriert werden, um die Genauigkeit weiter zu steigern. Industrielle Experten sehen in EZSpecificity einen bedeutenden Fortschritt für die Enzymengineering- und Syntheseforschung. Die Kombination aus maschinellem Lernen und hochauflösender Simulation ermöglicht eine beschleunigte, präzise Enzym-Substrat-Paarung, was die Entwicklung neuer Medikamente, Biokraftstoffe und grüner Chemieprozesse revolutionieren könnte. Mit dem Open-Access-Ansatz fördert das Team eine breite Nutzung und Weiterentwicklung des Tools in der wissenschaftlichen Gemeinschaft.