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Peer-Review-Krise: KI und neue Modelle retten das System

vor 4 Tagen

Der Peer-Review-Krisen: Wie ein überlastetes System reformiert werden kann Die wissenschaftliche Gemeinschaft steht vor einer tiefgreifenden Krise im Bereich der Peer-Review-Verfahren – jener Prozesse, die Forschungsgelder zuverteilen und wissenschaftliche Arbeiten vor der Veröffentlichung bewerten. Ein prominentes Beispiel ist das Multi Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) am Very Large Telescope in Chile, dessen Beobachtungszeit im Jahr 2023 über 3.000 Stunden beantragt wurden – weit mehr, als die Anlage in sieben Monaten liefern kann. Die Europäische Südsternwarte (ESO) reagierte, indem sie die Bewertung von Anträgen nicht mehr ausschließlich Expertenpanels überließ, sondern die Antragsteller selbst zur Begutachtung von Konkurrenzprojekten einlud. Dieser Schritt ist Teil eines globalen Trends: die zunehmende Überlastung des Peer-Review-Systems zwingt Forschungsförderer und Verlage zu radikalen Neuerungen. Die Ursache liegt in einem massiven Anstieg der Forschungsproduktion – besonders nach der COVID-19-Pandemie –, während die Zahl der verfügbaren Gutachter stagniert. Studien zeigen, dass Herausgeber immer mehr Einladungen versenden müssen, um eine Rezension zu erhalten, und dass die Bearbeitungszeiten für Manuskripte seit 2014 um rund 6 % gestiegen sind. Eine Umfrage von IOP Publishing aus dem Jahr 2024 ergab, dass die Hälfte der befragten Wissenschaftler mehr Review-Anfragen erhielten, obwohl der Anteil derer, die sich überfordert fühlen, sank. Kritiker warnen, dass die Qualität der Forschung leidet, da der Review-Prozess zu langsam und unzuverlässig geworden ist. Um die Belastung zu reduzieren, testen nun immer mehr Institutionen neue Ansätze. Die Zeitschrift Critical Care Medicine zahlte für jede Rezension 250 US-Dollar – das führte zu einer leichten Steigerung der Akzeptanzrate und einer schnelleren Bearbeitung, ohne Qualitätsverlust. Die Company of Biologists setzte in Biology Open eine ähnliche, nachhaltigere Variante um: mit einer Bezahlung von 220 Pfund und einer Frist von vier Tagen erreichte das Journal durchschnittlich eine Entscheidung innerhalb von 4,6 Arbeitstagen – gegenüber früheren 38 Tagen. Die Qualität der Berichte blieb hoch, und die Redaktion sieht dies als skalierbare Lösung, auch wenn die Finanzierung weiterhin offen ist. Ein weiterer Ansatz ist die „verteilte Peer-Review“ (Distributed Peer Review), bei der Antragsteller andere Anträge in der gleichen Förderrunde bewerten. Die Volkswagen-Stiftung und die ESO nutzen diese Methode, um die Entscheidungsfindung zu beschleunigen und die Abhängigkeit von etablierten Wissenschaftlern zu verringern. Eine Studie aus dem Jahr 2024 zeigte, dass dieser Prozess die Bearbeitung von Förderanträgen doppelt so schnell macht – unter der Bedingung, dass Anträge in getrennten Pools bewertet werden, um Konflikte zu vermeiden. Auch strukturierte Review-Formate gewinnen an Bedeutung. Elsevier testete 2022, bei dem Gutachtern neun klare Fragen gestellt wurden. Die Ergebnisse: bessere Übereinstimmung zwischen Gutachtern und höhere Durchlässigkeit für methodische Fehler. Derzeit nutzt Elsevier diese Methode in über 300 Zeitschriften. Zusätzlich fördern Plattformen wie Scopus die Suche nach geeigneten Gutachtern durch automatisierte Suchalgorithmen. Zusammenfassend zeigt sich: Die Peer-Review-Krise ist real, aber nicht unüberwindbar. Die Lösungen liegen in der Digitalisierung, der Bezahlung von Gutachtern, der Ausweitung des Gutachterpools – insbesondere in weniger etablierten Ländern – und der Transparenz. Die größte Herausforderung bleibt die Finanzierung und die kulturelle Akzeptanz. Wie Alejandra Clark von Biology Open sagt: „Wenn es skalierbar ist, müssen wir herausfinden, wie wir es finanzieren können.“ Einige Experten wie Stephen Pinfield warnen jedoch vor der Verlagerung der Last: Wenn Universitäten nur noch einen Antrag pro Einrichtung einreichen dürfen, entsteht ein „informeller Review-Prozess“ innerhalb der Institutionen – eine neue, kaum sichtbare Belastung. Die Zukunft der Peer Review liegt daher nicht nur in neuen Tools, sondern in einer umfassenden Neuausrichtung des wissenschaftlichen Bewertungssystems, das mehr Gerechtigkeit, Effizienz und Anerkennung für die oft unbezahlte Arbeit der Gutachter ermöglicht.

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