CTO von Block: Problemlösung zählt, nicht saubere Codequalität
Block’s Chief Technology Officer Dhanji Prasanna hat in einem Interview mit „Lenny’s Podcast“ die gängige Dev-Philosophie in Frage gestellt, dass saubere, elegante Codequalität entscheidend für den Erfolg von Produkten sei. Laut Prasanna hat die Qualität des Codes wenig mit der tatsächlichen Wirkung eines Produkts zu tun. Stattdessen sei es entscheidend, echte Probleme für Nutzer zu lösen – nicht, wie schön oder perfekt der Code dahinter ist. Seine These: „Ein perfekter Code macht kein großartiges Produkt. Die Lösung realer Probleme tut es.“ Prasanna erinnerte an seine Zeit bei Google, als das Unternehmen YouTube 2006 übernahm. Dort waren die Google-Ingenieure entsetzt über die unstrukturierte, vermeintlich schlechte Architektur des Videoportals. Dennoch wurde YouTube zum erfolgreichsten Produkt von Google – nicht wegen seiner technischen Perfektion, sondern weil es den Bedürfnissen der Nutzer entsprach. „Es hat sehr wenig mit der Architektur zu tun“, betonte Prasanna. Der wahre Erfolg liege in der Fähigkeit, ein echtes Problem zu lösen. Er riet Entwicklern, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: auf das Ziel, das man erreichen will, und die Menschen, für die man baut. „Alles andere kann morgen weggeworfen werden.“ Auch in Bezug auf technologische Trends plädiert Prasanna für Bescheidenheit. Es sei nicht nötig, stets an der Spitze der Innovation zu stehen. Technologie solle den Menschen dienen, nicht umgekehrt. „Wenn wir eine klare Mission haben, können wir die Technologie so einsetzen, dass sie uns dient“, sagte er. Seine Haltung steht im Kontrast zu der wachsenden Forderung, in der KI-Ära unbedingt programmieren zu können. Google-Forscher Yossi Matias und Bluesky-Chef Jay Graber betonen, dass Grundkenntnisse im Coden weiterhin essenziell seien, um Systeme kritisch bewerten zu können. Doch Prasanna und andere wie Salesforce-Strategieexperte Peter Schwartz argumentieren, dass in der KI-Ära Fähigkeiten wie Empathie, Zusammenarbeit und strategisches Denken wichtiger werden. Tatsächlich zeigt die Entwicklung: KI-Tools wie GitHub Copilot oder Google’s AI-Code-Generatoren produzieren bereits über ein Viertel des neuen Codes bei Google. Damit rückt die reine Programmierkompetenz in die Nähe von bloßer Code-Interpretation. Prasannas Ansicht spiegelt eine tiefgreifende Veränderung in der Softwareentwicklung wider: Die Fokussierung rückt von technischer Perfektion hin zu Nutzerzentriertheit, Geschwindigkeit und Problemorientierung. In einer Welt, in der KI zunehmend die technische Umsetzung übernimmt, wird der Wert von Entwicklern nicht mehr allein durch ihre Coding-Kenntnisse, sondern durch ihr Verständnis von Bedürfnissen und Zielen bestimmt. In der Branche wird Prasannas Ansatz kontrovers diskutiert. Kritiker warnen vor einer Entwertung der technischen Grundlagen, während Befürworter sehen, dass die Prioritäten sich verschieben. Block, ein Unternehmen, das mit KI-Tools wie Cash App und Square in der Finanztech-Szene agiert, scheint diese Wende zu leben. Prasannas Haltung verdeutlicht: In der KI-Ära zählt nicht mehr, wie sauber der Code ist, sondern, ob er eine echte Wirkung hat.