Amazon stürmt auf den DSP-Markt – mit Daten, Partnerschaften und niedrigen Gebühren
Amazon hat sich zum Ziel gesetzt, den weltweit führenden Nachfrage-Plattformen (DSP) wie Google und The Trade Desk zu überholen – und zeigt dabei bemerkenswerte Fortschritte. Unter CEO Andy Jassy hat Amazon seit 2022 gezielt seine Werbetechnologie ausgebaut, um die Position als Nummer eins im DSP-Markt zu erobern. Zwar war Amazon bereits 2022 mit 31 Milliarden US-Dollar Werbeumsatz der drittgrößte digitale Werbeanbieter weltweit, hinter Google und Meta, doch die eigene DSP war bislang technisch veraltet, schwer zu bedienen und intern nicht prioritär. Seit 2021 hat Amazon jedoch eine strategische Offensive gestartet: Mit hochkarätigen Einstellungen aus Google, Meta, Roku und anderen Tech-Giganten wurde das DSP-Team erheblich verstärkt. Dazu gehörten Ex-Manager von AppNexus, DV360 und FreeWheel, die die technische Grundlage für eine moderne, skalierbare Werbeplattform schufen. Die wichtigste Veränderung war die tiefgreifende Integration der Amazon Marketing Cloud (AMC) mit der DSP. AMC ist ein Data Clean Room, der es Werbetreibenden ermöglicht, ihre Kundendaten mit Amazon-Shopdaten zu verknüpfen – etwa, um Zielgruppen zu identifizieren, die einen Artikel in den Warenkorb gelegt, aber nicht gekauft haben. Diese Fähigkeit, Kampagnen direkt an Verkaufsergebnisse zu koppeln, ist ein entscheidender Vorteil gegenüber Konkurrenten. Zudem hat Amazon die Benutzeroberfläche erheblich vereinfacht: Während früher bis zu 75 Klicks nötig waren, um eine Kampagne zu starten, reichen heute nur noch wenige Schritte. Auch die technischen Fehler und mangelnden Medienqualitätskontrollen wurden beseitigt. Parallel dazu hat Amazon seine Preise massiv gesenkt: Die DSP-Gebühren liegen zwischen 1 % und 8 % – deutlich unter dem Branchendurchschnitt von 10 % bis 20 %. In einigen Fällen sind sie sogar kostenlos. Gleichzeitig erweitert Amazon seine Reichweite durch Partnerschaften mit Disney und Roku, die Zugang zu exklusiven TV- und Streaming-Plattformen wie Amazon Prime Video bieten. Mit der automatischen Einführung von Werbung für alle Prime Video-Nutzer hat Amazon den Markt für Werbung auf Smart-TVs grundlegend verändert. Analysten von Morgan Stanley prognostizieren, dass Prime Video bis 2027 die führende Plattform für Smart-TV-Werbung in den USA werden könnte – vor YouTube. Die Konsequenz ist ein massiver Kurssturz bei The Trade Desk, dessen Marktkapitalisierung von 69 Milliarden auf rund 25 Milliarden US-Dollar gesunken ist, trotz anhaltender Umsatzsteigerung. The Trade Desk leugnet, dass Amazon eine echte Bedrohung darstellt, und betont seine Unabhängigkeit und Objektivität. Doch Experten wie Brian O'Kelley von Scope3 sehen in Amazon eine neue Art von Wettbewerber, der nicht nur Technologie, sondern auch Daten, Medien und Verkaufsergebnisse unter einem Dach vereint. Die zunehmende Dominanz von „Walled Gardens“ wie Amazon könnte The Trade Desk zwingen, seine Strategie zu überdenken – möglicherweise durch Akquisitionen von Medien- oder Datensparten. Die Branche sieht Amazon nun als ernsthaften, strukturierten Konkurrenten. Die Kombination aus tiefen Preisen, exklusiver Reichweite, integrierter Datenanalyse und kontinuierlicher technischer Verbesserung macht Amazon zu einer schwer zu schlagenden Kraft. Während Google durch Antitrust-Verfahren gehemmt wird, wächst Amazon mit 23 % im letzten Quartal und erzielte mit seiner Werbeabteilung den höchsten Anteil am Gesamtumsatz seit jeher (9,36 %). Die Zukunft des DSP-Marktes scheint zunehmend in Amazon’s Händen zu liegen.